Gegen jeden Antisemitismus – Keine Zusammenarbeit mit der antisemitischen BDS
07. Nov 2017
Sehr geehrte(r) Herr/Frau ...
wir sind der Diözesanverband München und Freising als Teil der deutschen Sektion von Pax Christi, die wiederrum Teil der weltweiten katholischen Friedensbewegung Pax Christi International mit Sitz in Brüssel ist. Pax Christi wurde 1944 im mit Nazi-Deutschland verbündeten Vichy-Frankreich gegründet. Die ersten Aktionen waren der Widerstand gegen die Deportation von Juden ins besetzte Frankreich und weiter in die Vernichtungslager in Osteuropa.
Heute
ist Pax Christi in über 50 Ländern der Erde aktiv. Wie unser Name andeutet,
setzen wir uns konsequent für gewaltfreie Konfliktlösungen ein. Dazu gehören
auch die unantastbare Würde aller Menschen und die Gleichheit vor dem Gesetz,
wie sie in unserem Grundgesetz und der Erklärung der Menschenrechte formuliert
sind. Politisch gesehen gehört dazu auch der Schutz von ethnischen,
kulturellen, religiösen und sexuellen Minderheiten. Dabei stehen wir immer auf
der Seite der verfolgten, bedrängten oder schwachen Menschen. Und
selbstverständlich wenden wir uns gegen Antisemitismus, Islamophobie und jede
andere Form gruppenbezogenen Menschenhasses. Unser Diözesanverband ist auch
Mitglied im Münchner Bündnis für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat.
Vor
diesem Hintergrund können wir auf den obigen Antrag nur mit Unverständnis und
Ablehnung reagieren. Der Antrag befasst sich speziell mit der so genannten
BDS-Kampagne. Die muss man nicht mögen. Sie aber als grundsätzlich antizionistisch
und/oder als antisemitisch zu bezeichnen ist für uns nicht nachvollziehbar.
Ganz im Gegenteil kennen wir viele Jüdinnen und Juden hier bei uns und noch
mehr vor Ort in Israel, die sich mit wesentlichen Teilen der BDS-Kampagne
solidarisieren. Wir fragen uns auch, warum die gewählten Vertreter einer
Kommune sich mit einem Problem in ca. 3.000 km Entfernung befassen, sich
einseitig auf die Seite einer der Konfliktparteien schlagen und schließlich den
Konflikt nach München holen, wo er doch allenfalls politisch ins Auswärtige Amt
gehört.
Nun
kann man uns mit Recht fragen, warum wir uns neben unserem weltweiten
Engagement für die Rechte von bedrohten Minderheiten (z.B. Kurden, Tibeter,
Rohingya) auch noch zusätzlich mit dem Schicksal der Palästinenser beschäftigen.
Wir meinen, dass es uns als Christen nicht gleichgültig sein kann, wie es in
der Ursprungsregion unseres Glaubens zugeht, speziell an den für uns wichtigen
Plätzen der Geburt des Juden Jesus in Bethlehem, seines Lebens und Lehrens in
Galiläa, sowie seines Todes und seiner in den Evangelien bezeugten Auferweckung
in Jerusalem.
Pax Christi München und Freising ist übrigens entgegen vieler anderslautender Behauptungen kein Mitglied von BDS. Wir sind aber der Meinung, dass Waren aus israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten wie von der EU gefordert als solche gekennzeichnet werden sollen. So können die Konsumenten selbst entscheiden, ob sie Firmen unterstützen, die aus der seit 50 Jahren andauernden Besatzung Nutzen ziehen.
Wir
lehnen es auch entschieden ab, den zivilgesellschaftlichen Bemühungen um einen
gerechten Frieden in Nahost einen städtischen „Maulkorb“ zu verpassen. Damit
wird aus unserer Sicht der Antisemitismus eher gefördert als bekämpft. Wer sich
mit Israel und Palästina beschäftigt, muss sich auch damit beschäftigen, wie
die eingeborene arabische Bevölkerung (Muslime wie Christen) dieses Raumes in
Zukunft gemeinsam mit den aus aller Welt eingewanderten Juden friedlich dort
leben kann. Eine völlig einseitige Unterstützung der Position der israelischen
Regierung in diesem Konflikt scheint uns wenig hilfreich, auch nicht für
Israel.
Daher
bitten wir Sie dringlich, diesen Antrag zurückzunehmen. Wirksame Maßnahmen
gegen Antisemitismus sehen für uns anders aus. Wir stehen dem Stadtrat gerne
für vertiefende Gespräche zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin
Pilgram
Vorsitzender des pax christi Diözesanverbandes München&Freising
Anmerkung: die Vorlage ist am 6.12. vom Verwaltungs- und Personalausschss angenommen und vom Stadtrat in der folgenden Woche verabschiedet worden.